Dakhla-Guerguerat

03.01.2019

Gestern Abend habe ich noch mehrere Reisende getroffen. Darunter auch Adrian und Fabian. Die beiden Schweizer fahren mit den Fahrrädern von Kap zu Kap (cape2cape.org) und haben mich hier schliesslich eingeholt. Ich wusste schon lange, dass die Beiden unterwegs waren, und von anfangs drei Wochen hinter mir, sind sie jetzt auch hier.


Wir tauschten uns über alles Mögliche aus, und schliesslich musste ich auch wieder Tschüss sagen. Ich muss weiter, und wir werden uns sowieso noch ein paar Mal begegnen.
Jorge der Mexikaner, ist gestern schon abgereist, er hatte seine Sachen erledigt und wollte nicht noch einen Tag warten. So sind wir Reisenden eben. Wir sind Individualisten und haben alle unseren eigenen Rhythmus, dem wir folgen.
Der Tag beginnt gut. Der Wind ist noch nicht gegen mich und ich kann gut fahrt machen. Ich hatte Angst, dass ich wieder Gegenwind fahren müsste, da ich vorher Rückenwind hatte.
Leider ändert sich bald die Richtung der Strasse und der extreme Ostwind bremst mich extrem aus. Alleine bis zur Abzweigung nach Süden brauche ich doppelt so lange, wie ich gehofft hatte. Leider ändert der Richtungswechsel nichts an der Windrichtung und nach bereits 70km bin ich komplett alle. Hier kommt eine Raststätte, doch ich finde keine Unterkunft. Aber im nächsten Dorf könne ich neben einem Restaurant campen. Also fahre ich dahin. 6km Später frage ich einen Soldaten nach dem Restaurant. Ich finde schliesslich den Besitzer, der mir dann auch prompt anbietet neben seinem Restaurant zu campen.
Als guter Bürger muss man in Marokko die Gendarmerie über jeden Gast informieren. Just als ich mein Zelt am Aufstellen bin, erzählt mir aber der Besitzer, dass die Gendarmerie gesagt hat, dass ich noch 40km zur nächsten Station fahren muss. Nope. Die Sonne wird bald untergehen, ich habe kaum noch power und auch keinen Bock darauf. Ein Gendarme fährt vor. Er ich sage ihm, dass es nicht machbar ist, jetzt nochmal 40km zu machen, selbst mit 25 km/h ist das bis zum Sonnenuntergang

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Nicht möglich. Kein Problem hat er gesagt, in 15km kommt ein Posten, hat er gesagt. Da kann ich übernachten, hat er gesagt. Ok hab ich gesagt. Nochmal 8km hat er nach 13 km gesagt. Wir haben ein Problem habe ich gesagt.
Ein zweiter Polizist kommt von der Gegenseite mit seinem Autochen. Er will wissen wie es mir geht. Ich sage ich habe ich habe keine Power mehr und langsam Krämpfe. Stimmt nicht ganz aber die Deppen sollen ruhig ein schlechtes Gewissen haben.
Schliesslich halten sie einen Wassertanklaster an. Mein Gepäck landet im Autochen vom Polizisten und mein Fahrrad am Schlauchhalter des Lasters. Ich fahre mit dem Polizisten hinterher, habe Angst um mein Fahrrad. Aber der LKW Fahrer scheint extra vorsichtig zu fahren. Es ist Sonnenuntergang, als wir schliesslich am Posten ankommen. Mein Fahrrad hat zum Glück nur ein paar Lackschäden. Mag ich gar nicht, mein Fahrrad aufzuladen. Ich treffe einen weiteren Fahrradfahrer. Julien kommt aus Frankreich und seit dem Vorfall in Marrakesch schläft er immer mit einem Messer in der Hand.
Am nächsten Morgen, wieder Gegenwind. Julien nimmt einen Lastwagen. Er will nicht wie ich in einem Café 60km von hier übernachten sondern lieber 150km weiter neben einer Polizeistation, wo es sicherer sein soll.
Ich kämpfe mich durch den wind, und erreiche dann das Café mitten im Nirgendwo. Es ist drei Uhr und schon fast zu warm zum Fahren. Es gibt hier alles, was man braucht. Einen Grossen Saal, ein paar Matten und Kissen auf dem Boden, ein paar Schlafsäle, einen Gebetsraum und eine Toilette.
Ich freue mich auf ein paar leckere Kekse und auf eine kalte Cola. Ich darf dann am Abend meine Matte im Gebetsraum aufstellen. Die Betenden lassen sich davon nicht stören und als der letzte mit seinem Gesabbel fertig ist, kann ich auch endlich das Licht ausmachen.
Der nächste Tag beginnt sehr gut. Der Wind ist weg und ich kann endlich Strecke machen. Die letzten 20km Habe ich sogar Rückenwind, so dass ich sogar 30km/h fahren kann. Zum ersten Mal habe ich wirklich Rückenwind und es fühlt sich geil an. Was für ein Geburtstagsgeschenk. Ich bin nämlich heute 28 geworden.

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Ich bin früher als gewollt in der letzten Stadt vor Guerguerat angekommen, es wären 86 Kilometer bis dahin. Mit dem Rückenwind wäre es heute noch zu schaffen, wenn der aber nachlässt, habe ich ein Problem. Dann müsste ich im Nirgendwo campen.
Also schlage ich mein Zelt im Innenhof eines Hotels auf. Und Überraschung. Ich treffe Jakob den Österreicher wieder. Zusammen mit seinen Freunden, warten wir auf den Tanklaster, der Diesel bringen soll. Wir gehen einkaufen und quatschen zusammen. Meine Satteltasche biegt es immer ein wenig nach innen und ich befürchte, dass sie in die Speiche geraten könnte. Darum frage ich mich bei den nahegelegenen Werkstätten nach einer Metallplatte um. Haben sie nicht. Stattdessen montieren sie mir eine Stange mit zwei Kabelbindern, so dass die Tasche nicht in die Speichen kommen kann. Depannage Marocaine, sagen sie.
Schliesslich kommt dann der Diesellaster. Um die Tankstelle entsteht ein hübsches Tetrisspiel. Von Beiden Seiten her wollen die Laster und Pickups Tanken und es macht Spass dem Chaos zuzusehen. Schliesslich haben dann alle getankt und das heisst dass ich mich wieder verabschieden muss von Jakob.
Ich gehe dann erstmal essen. Zum Geburtstag gönne ich mir heute mal Hähnchen. Muss auch mal sein, auch wenn ich aufs Budget achten muss.
Am Nächsten Nachmittag bin ich dann bereits an der Grenze zu Mauretanien, in Guerguerat.
Dort quartiere ich mich in einem Hotel ein. Besser gesagt in einem Zeltpavillon. Alles andere wäre zu teuer gewesen. Dabei wollte ich genau heute ein ordentliches Zimmer, weil ich ab morgen kein gutes Internet mehr haben werde.
Ich sitze auf dem Betonboden und schreibe meine Emails. Zu dumm, dass mein lokaler Fernsehsender morgen bereits einen Bericht machen will und ich leider nicht mehr die Zeit habe, ein Video zu editieren und zu schicken.
Um mich herum sind Flickenzelte und kleine Kammern, in denen die Reisenden übernachten, bevor sie weiterfahren. Ich versuche gerade meinen Kocher in Gang zu bringen als zwei Schafe in das Hotel reinrennen. Ein kleiner Tumult entsteht und ich versuche eigentlich nur, dass die Schafe nicht an den Kocher kommen. Sonst machts Wuff.


Bis spät in die Nacht schreibe ich nochmals all meinen Freunden, bevor ich dann schlafen gehe.


Um 09.00 stehe ich bereits schon wieder bereit, gehe an die Grenze und stelle mich brav ans Pass Büro zum ausstempeln. Es stehen sehr viele Leute an. Aber nicht etwa schön in Reih und Glied wie Zuhause. Man legt einfach seinen Pass unter die anderen und hat dann Zeit zum Warten, bis dieser drankommt.
Um 10.00 habe ich dann endlich den Stempel. Dann muss ich noch bei der Polizei ausstempeln und gut ist. Dann kommt das berüchtigte Niemandsland. Als Erstes eine Strasse, auf der linken Seite stehen über etwa einen Kilometer, Lastwagen Schlange, die rechte Spur ist frei. Fliegende Händler, Senegalesen, versuchen Währung zu tauschen und Telefonkarten zu verkaufen. Ich tausche meine Dirham gegen Ouguiya. Dann fahre ich los, es kommt das Minenfeld. Es ist eine sehr schlechte Piste, viele Felsen und Sand. Zum Glück gibt es haufenweise Reifenspuren, denen ich folgen kann. Ein paar Auto Wracks erinnern mich daran, wo ich hier bin. In einem Minenfeld.
Zum Glück ist das Ende schnell erreicht.

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Es ist 11 Uhr als ich vor dem Visa Büro anstehe. Hier stehen alle in Reih und Glied an. Endlich um 12.00 geht das Büro auf. Die Pässe werden der Reihe nach eingesammelt und offenbar im Büro bearbeitet. Ich warte lange, kaufe mir eine Telefonkarte zum überteuerten Preis, wie mir meine Mitanstehenden sagen. Es bleibt sogar Zeit meine letzten Kekse mit den anderen zu teilen. Gruppenweise werden die Leute reingerufen. Ein Schild an der Tür sagt: First Come, First serve. Pah! Es gilt wohl eher die Farbe des Gelscheines, der in dem Pass liegt. In meinem liegt keiner und erst um 1300 darf ich dann ins Pass Büro. Die beiden Beamten lassen sich Zeit, trinken Tee, schäkern mit den Frauen. Immerhin habe ich genug Zeit mir die Aufkleber der Reisenden anzuschauen, die an den Wänden hängen. Schliesslich kriege ich dann doch mein Visa. Auf meinem Foto bin ich sogar mit dem Turban drauf.
Ich kanns kaum erwarten loszufahren aber, aber, aber. Ich muss noch zum Polizeiposten das Visum abstempeln gehen. Hier liegt wieder Pass um Pass, der Polizeibeamte nimmt aber willkürlich welche raus. Also eigentlich die von den Leuten, die etwas Geld hinlegen, was dann in der Tasche vom beamten verschwindet. Der Rest wartet.
Was der ist mit dem Fahrrad hier. Da musst du auf den warten. Also warte ich. Nichts von wegen first come first serve. Es ist alles willkürlich. Schliesslich kriege ich dann doch das Visa und kann los fahren. Mauretanien. Als erstes sieht man Sand und Müll. Dann nur noch Sand. Und schliesslich bin ich dann bald am Gare de Voyageurs, wo ich mit dem berühmten Erzzug fahren will.
Diese Geschichte findet ihr dann hier