Die Fahrt in einem Hühnerstall

Ich war unterwegs von Fes nach Volubilis. Es war schon Abend, ich musste mehr Kilometer fahren als gedacht, weil ein Fehler in der Karte war und ich musste einen Platz für die Nacht suchen.


An der Kreuzung in Nzala des Benni Amar, sprach mich ein alter Mann an und wollte mir den richtigen Weg zeigen. Er lud mich auch sogleich auf einen Tee ins Kaffee ein. Warum nicht? dachte ich, vielleicht weiss er auch gleich einen Platz zum schlafen.
Wir tranken also zusammen Tee und sprachen über dies und das.
Alamy, Alamy C'est la vie. Alamy, Alamy, c'est la vie. Das wiederholte er immer wieder. Normalerweise sind Leute die sich oft wiederholen für mich ein Zeichen für grosse Vorsicht.Ich habe gelernt, dass in Marokko, Leute die helfen wollen, aber nicht hilfreich sind, immer Geld wollen.
Aber nicht Alamy.
Alamy, das war sein Name und er war hilfreich, kannte die Gegend und Marokko. Und ich konnte mich gut mit ihm auf französisch unterhalten.
Er lud mich ein,bei ihm die Nacht zu verbringen. Warum nicht? Ich hab nichts zu verlieren. Wir warteten bis der Besitzer eines Camion, eines blauen Lieferbusses, wie ihn bei uns Elektriker und so fahren, bereit war.
Die Hecktüren wurden aufgemacht und ach du Scheisse. Das Ding war ein Fahrender Hünerstall. Auf dem Boden lag Stroh, rundherum war eine schmale Sitzbank montiert und Hühnerkacke überall.


Wir luden also mein Fahrrad ein und nahmen Platz. Wir fuhren los, wieder ein wenig die Strecke zurück, auf der ich gekommen war und dann den Berg hinauf. Immer wieder hielten wir an, um Leute ein und aussteigen zu lassen, oder um Schafherden durchzulassen. Alamy hielt derweil die Tür fest, ob um Luft zu bekommen oder um sie nicht abfallen zu lassen, fand ich nicht heraus. Immer wieder machte er seine Tür auf um mir was zu zeigen oder zu erklären. Wir endeten in einem Dörfchen mit einem grossen Minarett und liefen dann zu Alamys Haus.


Drei Stockwerke, leere Räume mit nackten,weissen Wänden, eine Matratze, ein paar Gläser und Dosen in der Küche, eine kleine Nische zum Waschen. Im Zweiten Stock dann ein Diwan mit Tisch und ein Bett. Immerhin hatte man von der Terrasse einen Spektakulären Blick in die Berge.
Dies war ein armer Mann. Aber er war zufrieden, Alhamdulillah(Gottseidank), Bismillah(Im Namen Allahs)wiederholte er immer wieder. Er war glücklich, dass er ein Dach und etwas zu essen hatte und für eine Zigarette blieb ihm auch noch was. Das war alles.
Ich durfte duschen und dann gingen wir ins Dorf, um alles für eine Tajine zu kaufen. Jeder kannte Alamy und jeder einzelne wurde begrüsst. Ich schloss mich dabei auch immer an.
Salam aleykum, Salam, bismilla, La-Bas, Bi Chayr, Hamdulilla Bichayr, Salam, bIchayr; die Reihenfolge kriegte ich nie wirklich auf die Reihe.
Wir kochten dann auf dem nackten Betonboden auf der Gasflasche die Tajine und assen zusammen. Dann ging es nochmals ins Dorf, es war längst dunkel, und der Sternenhimmel war gut zu sehen. Wir gehen eine Cola trinken sagte Alamy. Ich dachte dabei an eine Bar.
Wir landeten in einem Raum mit vier weissen Wänden, im zweiten Stock wo die Männer des Dorfes auf dem Boden sassen. Der "Bartresen" war winzig und doch gab es Tee. Und Kiff. Jeder hier hatte rote Augen, und sie starrten alle in einen alten Fernseher an der Decke.
Auch wenn einer in aller Seelenruhe seine Hanfernte sortierte, es war eine freundliche Atmosphäre. Die Leute lachten, wenn Alamy versuchte mir arabisch beizubringen und ich es einfach nicht auf die Reihe kriegte und ich fühlte mich wohl. Ein paar Leute und auch Alamy, begannen ein Kartenspiel, ähnlich dem Schweizer Jassen, jedoch kam ich nicht hinter die Logik des Spiels.


Wir gingen dann gegen 22.00 Uhr zurück, nicht ohne jeden Dorfbewohner einzeln zu begrüssen.
Wieder zurück, durfte ich in Alamys Bett schlafen, und er schlief auf dem Diwan.
Am nächsten Morgen gab es noch einen Tee und wir verabschiedeten uns.
Ich hatte diesen Mann, der selbst nicht viel zum Leben hatte und trotzdem glücklich war, längst in mein Herz geschlossen.